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Warum wird Biogas als "klimaneutral" angesehen?

  • Benno Müller
  • 5. Dez. 2022
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 20. Dez. 2022


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Biogas ist eigentlich nichts anderes als "modernes Erdgas". Beide bestehen größtenteils aus Methan und bei beiden kommt als Verbrennungsprodukt CO2 heraus. Warum wird Biogas dann als klimafreundliche Alternative angesehen?



Gliederung




1 Hintergrund


Erdgas ist aktuell ein großes Thema. Nicht nur wegen den derzeitigen politischen Umständen, sondern auch in der Dekarbonisierung. In meinem Praktikum wurde mir bewusst gemacht, dass gasbetriebene Heizkessel für die Erzeugung von Prozesswärme nicht so einfach zu ersetzen sind.

Braucht man für einige Prozesse bestimmte hohe Temperaturen, beispielsweise 130°C um Werkstoffe formbar zu halten, muss diese Wärme verlässlich erzeugt und an dem Prozess integriert werden. Problem hierbei ist, dass klassische Wärmeleitungen, die zum Beispiel Büroräume heizen, nicht ausreichen, um die hohen Temperaturen so konstant zu liefern. Gleichzeitig ist eine Umstellung auf Elektroöfen auch schwierig, da die Technik, besonders in industrieller Größenordnung, noch nicht wirklich einsatzbereit ist.

Es ist daher am einfachsten, direkt vor Ort Erdgas zu verbrennen. Eine Lösung, das ganze dennoch "klimaneutral" zu gestalten, ist Biogas.


Ich wurde gefragt, woher das Biogas überhaupt kommt und warum das als klimaneutral bezeichnet wird.



2 Bestandteile von Erdgas und Biogas


Der brennbare und energiereiche Bestandteil, den das Erdgas ausmacht, ist Methan.

Erdgas entstand aus Massen von toten Kleinstlebewesen, die auf den Meeresboden abgesunken, unter Sauerstofffreiheit zu einem Faulschlamm und anschließend durch geologische Prozesse zu Erdgas (v.a. Methan) umgewandelt wurden. Erdgas kann aber auch durch biologische Prozesse entstehen, bei denen Mikroorganismen das organische Material Abbauen wobei Methan als Stoffwechselprodukt gebildet wird.


Dieser biologische Prozess geschieht auch heute noch (und in vergleichsweise kurzen Zeiträumen) und wird genutzt, um Biogas zu erzeugen. Mikroorganismen bauen den in organischem Material wie Pflanzen oder Essensresten gebundenen Kohlenstoff unter Sauerstoffausschluss (anaerob) ab, wobei hauptsächlich Wasser, Kohlenstoffdioxid (ca. 35%) und auch Methan (ca. 60%) entstehen. Dieses Biogas kann dann aufgereinigt und aufkonzentriert als Erdgas verwendet werden.


Worauf ich hinaus möchte ist, dass Erdgas und Biogas der Grundebene quasi das gleiche sind. In beiden ist Methan der größte Bestandteil und der Energieträger. Das Methan beider entstand aus biologischem Material.

Warum also wird Biogas dann die klimafreundliche Alternative zu Erdgas angesehen?



3 Die C-Herkunft macht das Biogas "klimaneutral"


Der große Unterschied hier ist die Herkunft. Mit Erdgas als fossilem Energieträger wird Kohlenstoff aus der Erde der Atmosphäre zusätzlich zugeführt, was den Anstieg de Konzentration von Treibhausgasen und damit den Klimawandel bewirkt.

Das CO2 welches bei der Verbrennung von Biogas entsteht, wurde allerdings bei dessen Herstellung der Atmosphäre entzogen. Pflanzen nehmen CO2 aus der Atmosphäre auf und wandeln es bei der Photosynthese in Zucker, Wasser und Sauerstoff um. Das CO2 wurde aus der Atmosphäre entfernt und der Kohlenstoff in der Pflanze gebunden. Wird diese Pflanze nun vergärt und das Methan zu CO2 verbrannt, so ist das freigesetzte CO2 keine zusätzliche Treibhausgasquelle (im Gegensatz zum Erdgas), sondern schließt einfach nur den Kreislauf. Ich denke mit einem Schaubild kann man das besser erklären als mit Worten:

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Der Kohlenstoff (C) ist beim Biogas in einem geschlossenen Kreislauf. Erdgas hingegen wird aus dem Boden geholt und dem Kreislauf zusätzlich von außen hinzugefügt. Dadurch steigt die Menge an CO2 in der Atmosphäre.

Das Biogas als "natürlicher Kreislauf" wird durch vorangehende Aufnahme von CO2 bei der Verbrennung als "klimaneutral" bezeichnet, da das dabei entstehende CO2 vorher der Atmosphäre entnommen wurde.

Erdgas hingegen bringt als externe Quelle zusätzliches CO2 in den Kreislauf mit ein, was zu einer steigenden menge an CO2 in der Atmosphäre führt.



4 Exkursion: grundsätzliche Problematik der Stoffkreisläufe


Ich möchte dieses Beispiel auch Nutzen um dieses generelle Kernelement der Problematik von Stoffen aus fossilen Quellen zu verdeutlichen.

Auf der Erde gibt es natürliche Stoffkreisläufe, ob Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor, Sauerstoff oder anderes. Sie sind alle in einem gewissen natürlichen Gleichgewicht, sodass Quellen und Senken sich (nahezu) ausgleichen, also genau so viel aufgenommen wie abgegeben wird. Durch das Inverkehrbringen von Stoffen aus Quellen außerhalb dieser geschlossenen Kreisläufe, beispielsweise das Verbrennen von fossilen Energieträgern aus der Erde, werden Emissionsquellen geschaffen, für die es gleichzeitig aber nicht ausreichende Senken gibt (mehr zu Kohlenstoff-Senken im Artikel "carbon sinks"). Als Resultat wird der Kreislauf aus dem Gleichgewicht gebracht, und die Stoffe reichern sich an. Am Beispiel von Kohlenstoff sehen wir das an einer erhöhten Konzentration an CO2 in der Atmosphäre.

An der Stelle sei kurz gesagt, dass die Lösung nicht ist, einfach mehr Kohlenstoff-Senken wie Carbon Capture zu installieren. Diese können eine Rolle spielen, aber negieren nicht die negativen Auswirkungen. Es wird hier sehr vereinfacht dargestellt, aber in Realität ist das ganze System viel komplexer und die beste Lösung ist nach wie vor, den Kreislauf erst gar nicht erst zu beeinflussen. Wie jemand so schön im Bezug auf den Klimawandel gesagt hat: "keep the fucking carbon in the ground!"



5 Ist Biogas komplett klimaneutral?


Dass die Rechnung eben nicht so einfach ist, kann anhand von Biogas deutlich gemacht werden, welches genauer betrachtet eben nicht ganz klimaneutral ist. Die Biomasse, oft Pflanzen, wurden einmal angebaut, Transportiert und im Prozess vergärt, wodurch Emissionen entstehen. Auch ist Methan ein stärkeres Treibhausgas mit einem GWP von ca. 34 CO2eq. Wenn es Methanschlupf gibt, also Methan durch undichte Behälter oder die unvollständige Verbrennung austritt, wirkt sich das schlecht auf die Klimabilanz aus. Diese Faktoren berücksichtigt ist Biogas also eigentlich nicht wirklich ganz klimaneutral.



5.1 Abfallstämmiges Biogas

Den größten Hebel kann man aber angehen, indem man als Substrat (=Ausgangsmaterial für die Vergärung) biologische Abfälle nimmt, also Essensreste, Grünverschnitt, Gülle, etc. Damit fallen nämlich rechnerisch die Emissionen des Anbaus nicht auf das Biogas. Auch wird damit der Konflikt umgangen, ob man extra Energiepflanzen anbaut statt Nahrungsmitteln. Das umweltfreundlichste Biogas ist daher das so genannte "abfallstämmige" Biogas.

Problem hierbei ist, dass die Mengen daraus nicht ausreichen, um den gesamten Bedarf an Biogas zu decken.



6 Fazit


Meine persönliche Meinung ist daher, dass Biogas ein wichtiger Bestandteil im Gesamtkonzept ist, aber alleine nicht die Rettung darstellt. Kurz- bis mittelfristig ist es eine gut machbare Lösung um fossiles Erdgas zu ersetzen, langfristig sehe ich es eher als Teil des Abfallkonzepts und Ergänzung zur Energieversorgung.

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