Warum Mülltrennung?
- Benno Müller
- 9. März 2024
- 6 Min. Lesezeit
Wir sollen unseren Müll trennen, fürs Recycling. Doch was steckt da eigentlich dahinter? Wir schauen uns heute einmal an, was mit unserem Abfall passiert, warum wir eine Kreislaufwirtschaft anstreben und, welche Rolle die Mülltrennung dabei spielt und wo es noch alles Hebel gibt.
1. Warum Kreislaufwirtschaft?
Zuerst müssen wir die Frage klären, was die Kreislaufwirtschaft ist und warum wir diese überhaupt anstreben.
Momentan leben wir in einem eher linearen Strom: Wir holen uns Rohstoffe aus Quellen, verarbeiten und nutzen diese, bevor sie als Abfall anfallen und in so genannte Senken eingebracht werden. Im linearen System gibt es keine Rückflüsse, sodass mit der Zeit die Quellen aufgebraucht, und die Senken überlastet werden. Deshalb möchte man Wege schaffen, dass die Ressourcen vom Ende an den Anfang zurückfließen können. Der Strom formt nun einen geschlossenen Kreis: Die Kreislaufwirtschaft.
Somit muss man weniger Ressourcen aus den Quellen entnehmen und weniger in Senken einbringen. Das führt zu einer effizienteren Ressourcennutzung, weniger Energieverbrauch und geringerer Umweltbelastung. Auch geringere mengen Abfall der gelagert werden muss, hilft einer saubereren Umwelt und weniger Gesundheitsrisiken. Hinzu kommen geopolitische Aspekte, dass Recycling im eigenen Land gefördert wird, um weniger von Importen und der Produktion aus dem Ausland abhängig zu sein.
Es gibt dabei neben dem klassischen Recycling aber viele Wege, wie ein Rohstoff zurückgeführt werden kann. Darunter unter anderem die Wiederverwendung (Reuse), die Wiederaufbereitung (Remanufacturing) oder das Recycling innerhalb von Produktionsstätten. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Produkte mit möglichst geringer Umweltbelastung zu schaffen. Das muss nicht unbedingt Recycling bedeuten, oft sind Maßnahmen wie Reparatur, Refabrikation oder eine andere Weiternutzung der nachhaltigste Weg (siehe Abfallhierarchie).

2. Recyclingprozess und Herausforderungen
Unser Ziel ist also eine Rückführung von Ressourcen vom Ende der Kette zum Anfang. Um zu verstehen wie das funktioniert, schauen wir uns als nächstes grob den Recyclingprozess an, mit dem aus altem Material neue Produkte gemacht werden können. Grundsätzlich gilt: altes Material wird zerkleinert, zusammengeführt und daraus das Rohmaterial für neue Produkte zu schaffen. Als Beispiel Plastik und Metalle: Alte, benutze Produkte werden zerkleinert und in einem Ofen eingeschmolzen. Wie in der Neuherstellung erhält man so das Material in flüssiger Form, woraus ein neues Produkt gegossen werden kann. Dieses gegossene Produkt kann dann entsprechend verarbeitet und verkauft werden. Das ist der ideale Ablauf, in der Realität ist es aber schwieriger.
Die Qualität des recycelten Produkts ist maßgeblich von der Reinheit der Schmelze aus den alten Stoffen bestimmt. Folglich führen Verunreinigungen in der Schmelze zu minderwertigem Recycling. Das wird problematisch, da die recycelten Produkte je nach Anwendung bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen müssen. Ist die Qualität zu schlecht, kann das recycelte Produkt nicht genutzt werden.
Verunreinigungen in der Schmelze entstehen durch unreine Ausgangsstoffe. Für ein erfolgreiches Recycling ist es also wichtig, die Stoffe und Elemente die in den Ofen zum einschmelzen gelangen möglichst einheitlich und rein zu halten, damit die Schmelze rein und qualitativ hochwertig bleibt.

3. Anlagen zum Sortieren von Abfall
Um Recyclingprozessen möglichst einheitliche und reine Stoffströme zu liefern, werden Sortieranlagen in der Abfallbehandlung eingesetzt. Diese trennen verschiedene Stoffe voneinander. So können Aluminiumdosen von Plastiktüten getrennt werden. Das reicht aber noch nicht aus, weil es auch innerhalb der Stoffgruppen unterschiede gibt. Es gibt eine Vielzahl an Plastiksorten und Metalllegierungen mit verschiedensten Eigenschaften. Auch diese muss man voneinander trennen, da die verschiedenen Sorten die Eigenschaften der Schmelze und damit des Endproduktes beeinflussen.
Selbst mit dem ganzen modernen Repertoire an Technologien, Anlagen und Maschinen um den Abfall voneinander zu trennen, gelingen keine 100%ige sauber getrennten Stoffströme. Die Trennleistung wird umso schlechter, je größer die Durchsatzmenge und Komplexität des Inputs wird. Hinzu kommen hoher Aufwand und Kosten je mehr Sortierung benötigt wird. Für eine möglichst gute, effiziente und wirtschaftliche Sortierung einzelner Stoffe in den Sortieranlagen hilft es demnach, den Inputstrom schon recht einheitlich zu gestalten. Für das System ist es einfacher, wenn Plastik getrennt von z.B. Papier in die Anlage gegeben wird. Mit dieser Vorsortierung spart man sich Anlagen zur Trennung von Plastik und Papier. Dadurch wirkt man unvollständige Trennung der Maschine entgegen und man kann sich sofort auf die Trennung einzelner Plastiksorten fokussieren, was Aufwand und Kosten reduziert. Der Input zu den Sortieranlagen und die damit verbundene Vorsortierung stammt von dem gesammelten Abfall, also auch von dir zuhause.

4. Rolle von Mülltrennung bei der Entstehung
Somit kommt man zu dem Schluss, den Abfall schon so sauber und einheitlich wie möglich zu sammeln. Ein besserer Input für die Sortiersysteme ermöglicht letztendlich qualitativ hochwertigeres Recycling. Folgt man nun dieser Argumentationskette ist das Resultat zu empfehlen, dass der Müll getrennt gesammelt werden soll. Und das ist letztendlich der Grund, weshalb euch geraten wird, den Müll zu trennen.
Der Aufwand alles bei uns im Haushalt penibel zu trennen und die Infrastruktur für alles einzeln aufzubauen wäre natürlich groß. Deshalb hat sich die EU darauf geeinigt, lediglich Stoffgruppen getrennt zu sammeln. Aus diesem Grund haben wir in unseren Haushalten Wertstoffe (Plastik + Metalle), Papier, Biomüll, Glasmüll und Restmüll. Mit dieser Trennung kann sich ein Recycling Unternehmen spezialisieren, z.B. um verschiedene Plastiksorten voneinander zu trennen. Das vereinfacht und verbessert die Sortierung enorm. In der Praxis allerdings ist die Qualität und Vermischung des Abfalls immernoch eine der größten Hürden für Recycling Unternehmen. Das liegt aber nicht nur an so genannten "Fehlwürfen", also falschem trennen, sondern auch an den entsorgten Produkten und deren Design.
5. Rolle von Produkten und Verantwortung der Hersteller
Neben der besseren Trennung von Abfall bei der Sammlung liegt eine weitere große Hürde an den immer komplexeren Produkten an sich. In der Idealvorstellung bestehen die Produkte aus nur einem einzelnen Material. In der Realität ist das oft nicht der Fall und es gibt viele Wege, wie das Produktdesign das Recycling und saubere Trennung erschwert. Ich möchte euch hier einige Kategorien vorstellen, um den Rahmen nicht zu sprengen:
Verbundswerkstoffe
Ein Verbundswerkstoff ist ein Gemisch aus zwei oder mehr verbundenen Materialien. Ein Beispiel hierfür ist die Chipstüte. Von außen könnte man meinen, sie besteht einfach nur aus Plastikfolie. Von innen betrachtet sieht man aber die schimmern graue Farbe. Diese kommt durch Aluminium, welches auf Plastik aufgetragen wird. Die Plastiktüte besteht nämlich aus mehreren zusammengeklebten Schichten aus verschiedenen Kunststoffen und einem Film aus Aluminium. Solche Verbundswerkstoffe können kaum zuverlässig wieder getrennt werden und bringen so Verunreinigungen in den Recyclingprozess.

Demontage
Für größere und komplexere Produkte wie Autos oder Computer ist es wichtig, die einzelnen Teile auseinanderbauen zu können. Ziel mit einer erfolgreichen Demontage ist es, große und wertvolle Teile wie Glasscheiben, Karosserie, Elektronik oder Motor einzeln Behandeln zu können, und nicht alles zusammen in den Shredder zu geben. Erschwert wird das durch mangelnde Standardisierung, fehlende Informationen oder ungeeignete Praktiken. Jeder Computer hat seine Bauteile an anderen Orten, was eine Automatisierung der Demontage erschwert gegenüber einheitlichen Produkten. Unwissenheit über die genau eingesetzten Legierungen in der Karosserie eines Fahrzeuges oder Orte der verlegten Kabel erschweren die korrekte Demontage. Praktiken wie Verschweißen oder Verkleben von Bauteilen erschwert die erfolgreiche Demontage im Gegensatz zu Schrauben oder Klick-Verschlüssen.
Diese Bespiele sollen verdeutlichen, dass wir in der Kreislaufwirtschaft und dem Recycling weitaus mehr zu tun haben als nur im Haushalt unseren Müll zu trennen, sondern dass wir auch die Hersteller von Produkten mit in den Prozess einbinden müssen.
6. Strategien um Recycling zu verbessern
Wir kennen nun die Gründe weshalb wir eine Kreislaufwirtschaft erreichen wollen und auch einige der Hürden auf dem Weg dorthin. Schauen wir uns nun einige Lösungsansätze und Strategien an, um uns der Kreislaufwirtschaft näher zu bringen. Auf der Seite der Anlagen soll es weiteren technischen Fortschritt der Sortier- und Recyclinganlagen geben, damit immer mehr immer besser automatisch sortiert werden kann. Die Konsumenten und Erzeuger von Abfall sollen ihren Müll so sauber wie möglich getrennt sammeln und den Anlagen übergeben. Die Hersteller und Produzenten sollen ihre Produkte für eine Kreislauffähigkeit designen, und mehr auf recycelte Materialien in ihren Produkten setzen. Es gibt verschiedene Designvorschläge, unter anderem das Design für einfache Reparaturen, Design für einfache Demontage oder Design für lange Haltbarkeit. Insgesamt sollten Hersteller das Kreislaufdenken mehr integrieren und für "ihren Müll" auch in die Verantwortung gezogen werden. Beispielsweise zahlen gewisse Branchen Geld an Müllabführen, die ihre alten Produkte annehmen und verwerten. Von politischer Seite werden wirtschaftliche Anreize oder gesetzliche Vorgaben erwartet. Diese sollen für eine bessere Wirtschaftlichkeit von Recycling sorgen, was neue Märkte und damit auch Innovationen schafft. Aber auch internationale Abkommen oder Branchenabkommen können für eine bessere Standardisierung von Produkten und vereinfachtes Recycling sorgen.
7. Fazit
In einer Kreislaufwirtschaft werden aus Abfall wieder neue Produkte hergestellt, was die Umwelt entlastet. Für ein funktionierendes und qualitativ hochwertiges Recycling sind saubere Stoffströme essenziell. Sortieranlagen können nicht perfekt trennen und sind sehr teuer und aufwendig. Um eine gute Trennleistung zu erreichen und Kosten zu sparen, hilft eine getrennte Sammlung. Aus diesem Grund wird dem Verbraucher von Produkten geraten, seinen Müll zu trennen. Allerdings gibt es noch viele weitere Hebel, um eine bessere Kreislauffähigkeit zu erreichen. Insbesondere beim Produktdesign und der Herstellung können schon viele Weichen für die spätere Recyclingfähigkeit gestellt werden.
8. Quellen
Technische Universität, Institut für Technischen Umweltschutz, Fachgebiet für Kreislaufwirtschaft und Recyclingtechnologie, Prof. Dr. Vera Susanne Rotter, Kurse:
Einführung in die Abfallwirtschaft, Studiengang B.Sc. Technischer Umweltschutz, 2020
Grundlagen der Kreislaufwirtschaft, Studiengang B.Sc. Technischer Umweltschutz, 2023
Advanced Recycling Technologies, Studiengang M.Sc. Technischer Umweltschutz, 2024
Noch einmal sehr schön zusammengefasst, was die Vorteile sind. Ob ich jetzt Plastik in den grünen oder braunen Abfalleimer werfe, hat hinterher doch grosse Auswirkungen. Aber insbesondere die gesamte Wirtschaft dahinter ist wichtig. Rohstoffe und Ressourcen sollten immer nachhaltig gehandelt werden. Aber da muss man im deutschen Gesetz schon mit Lupen nach suchen.